Rezension über ein marktkritisches Fiction Documentary der jungen Regisseurin Isabell Šuba
Roter Teppich, blauer Pool, orange Arte-Yacht im Hafen von Cannes. Als knallbunten Startblock für den Sprung in die Karriere hätte die junge Regisseurin Isabell Šuba ihre Kurzfilmeinladung nach Cannes im Jahr 2012 gern gesehen. Aber kein einziger Film von einer Frau lief im Wettbewerb! So durfte es auf keinen Fall weitergehen: Šuba nutzte die Einladung, um vor Ort ein fiction documentary mit ihr als Hauptperson zu drehen, das im Titel den Status quo verkündet:
„Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste.“ Die Regisseurin (im Film gespielt von Anne Haug) ist Hoffnungsträgerin, schließlich zeigt sie ihren Film – und es soll nicht der letzte bleiben. Gemeinsam mit ihrem völlig verpeilten Produzenten (Matthias Weidenhöfer) macht sie sich auf die Jagd nach GeldgeberInnen für ihr neues Projekt. Ein nahezu aussichtsloses Unterfangen für eine Newcomerin, zumal ihre Geschichten nicht gerade Mainstream sind. Dass Isabell und ihr Produzent sich am Flughafen verpassen, ist der Anfang einer Reihe von Missgeschicken. Man stylt und tuned sich mit roten Pumps und langen Wimpern für den Aufritt und es geht schief, was schief gehen kann: Ein abgebrochenes Interview, ein verpatzter Pitch und die ewigen Streitereien zwischen Isabell und David bilden einen harten Kontrast zu den ikonenhaften Bildern der Schönen. Frauen zeigen auf dem Teppich ihre gelifteten Gesichter und operierten Brüste und jede Menge ulkiger Zaungäste und pseudoprofessioneller FestivaltouristInnen tummeln sich am Rande des eigentlichen Geschehens um einen Hauch vom Glamour abzustauben.
Šuba porträtiert sich in ihrem subversiven Film nicht als versierten Profi, sondern als skeptische Sinnsucherin. Selbstironisch bringt sie das Dilemma zur Sprache: auch diejenige, die andere Geschichten erzählen will, muss durch das Nadelöhr der Förderung und erst einmal Beifall finden. Ihre Unsicherheit, der zermürbende Druck, alles rausholen zu müssen aus einem Pitch, Selbstzweifel, Unbehagen mit dem Mainstream, erotische Nebenschauplätze, all das wird erzählt. Warum unsere Heldin mit diesem ahnungslosen Macho von Produzenten zusammenarbeitet, der sich während des Interviews mit einer Journalistin über Šubas Homosexualität mokiert, bleibt ihr Geheimnis. Šubas atmosphärisch starke Studie über sich selbst als visionäre Glücksritterin wurde übrigens durch Crowdfunding und gagenfreies Spiel ermöglicht.