Die Schauspielerin Vanessa Stern erforscht in ihrer Show „La derniére Crise“ die weibliche Komik
Frauen sind intelligent, schön, einfühlsam, teamfähig, kompliziert – und witzig. Letzteres behauptet jedenfalls die Schauspielerin Vanessa Stern. In ihrer Spätabendshow „La Dernière Crise“ liefert sie seit November 2011 in den sophiensaelen Beweise. Die 35jährige ist Gründerin des „Krisenzentrums für weibliche Komik“, wo sie in zweitägigen Workshops am lebenden Objekt forscht. Nebenbei findet sie dabei die Performerinnen für ihre Show, in der, jenseits von Zickengetue oder obsessiver Selbstkritik, durchaus neuartige Schlaglichter auf die weibliche Komik geworfen werden.
Unter dem Motto Schöne Scheisse führte Vanessa Stern durch die künstlerisch-komisch geformten Krisen anderer Frauen. Vortrag, Lied, Tanz: anything goes, wenn es darum geht, den eigenen Handlungsradius zu erweitern. Die Protagonistinnen stellen konsequent und zwerchfellanregend den Zusammenhang her zwischen der globalen Wirtschaftskrise und den Problemzonen der eigenen Existenz. Lachen hilft bekanntlich gegen das Übermaß an Komplexität, das bei so tiefschürfenden Fragen unweigerlich ans Licht drängt, es erfordert allerdings Analyse und Distanz zum eigenen Selbst. Und genau daran fehlt es im klassischen weiblichen Rollenrepertoire, das eher empfindsam angelegt ist.
Als Vanessa Stern vor einigen Jahren an einem Stadttheater engagiert war, musste sie feststellen, wie unlustig die weiblichen Hauptrollen meist sind: „Ich bin unentwegt gestorben und ich musste ständig weinen. Das bringt neben anderen Ärgernissen erhebliche Einschränkungen im darstellerischen Spektrum mit sich.“ Statt Penthesileas „Ach“ und Gretchens Tränen widmete sich Stern anderen Krisen. 2007 dämmerte die zweite Finanzkrise des Jahrhunderts bereits am Horizont der Weltgeschichte und Stern, die erste prägende Theatererfahrungen in der Arbeit mit Christoph Schlingensief sammelte, klinkte sich als Kunst-Aktivistin beim globalisierungskritischen Netzwerk Attac ein. Als Heuschrecke verkleidet, mimte sie in einer Fußgängerzone den Selbstmord durch Champagnermissbrauch.
Die Einsichten, die Stern in den verschiedenen Kontexten sammeln konnte, haben die Künstlerin auf ihre derzeitige Umlaufbahn gesetzt. Und jetzt will Vanessa Stern nicht eher Ruhe geben, bis sie die Berliner Theaterszene flächendeckend mit genderkritischem Gedankengut infiltriert hat. Ihre Dodekologie des Grauens, ein zwölfteiliger autobiographischer Exzess, ist ein Schritt dahin. Im ersten Teil legte sie im April 2010 im Theaterdiscounter die Beichte ab über eine Auszeichung, die anderen Schauspielerinnen zur Ehre, ihr aber zum Trauma geriet: die Prämierung zur beste Nachwuchsschauspielerin des Landes Nordrhein-Westfalen 2005.
Auf dem Weg zu einer besseren Zukunft liegen einige vielversprechende Projekte der Künstlerin, wie das KapiTal der Tränen, eine Produktion der sophiensaele, in der Stern und ihre Mitstreiterinnen ab September 2012 kompromisslosen Heulterrorismus im öffentlichen Raum ausagieren werden. Das nächste Mal live zu erleben sind Stern und ihre Performerinnen bei „La Dernière Crise“ am 19. Januar unter dem Motto Eine geht noch. Es performen Lony Ackermann, Karla Nina Diedrich, Eva Löbau, Stephanie Petrowitz und die Band Le Sorelle Blu.
Informationen im Netz unter: www.heulenkannjede.de