Much loved

Der Fahrer Said (Abdellah Didane) teilt Kondome aus und wartet bis zum Morgengrauen vor den Türen, hinter denen getanzt, gekokst, hinter Geldscheinen her gekrochen und schließlich auch gevögelt wird. Unter Einsatz ihres Körpers und ihrer Würde verdienen Noha (Loubna Abidar), Randa (Asmaa Lazrak) und Soukaina (Halima Karaouane) auf krassen Saudi-Partys ihr Geld. Marrakesch ist die Hochburg des Sextourismus im arabischen Raum, bittere Armut der Landsleute der ideale Boden für ein Geschäft, das tabuisiert ist und boomt wie Hölle.
Immerhin hat Noha in ihrer Vagina ein fettes Bündel Scheine aus der Villa des Ölmagnaten geschmuggelt. Vulgäre Sprüche auf den Lippen gibt sie im Auto den Boss, ist die raue, illusionslose und verantwortungsvolle Mutter ihrer kleinen solidarischen Crew von Edelprostituierten. Die schillernde Figur der Noha fasziniert und provoziert, auch, weil sie das Negativ dessen ist, was im arabischen Raum als Ideal einer züchtigen Frau betrachtet wird. So hart der Job ist, er bringt Noha und ihren Freundinnen Luxus, Spiel mit dem Eros, der auch Freiraum bedeutet: Kühn tanzen sie auf dem schmalen Grat zwischen Selbstbestimmung und Gewalt, Freiheit und Verachtung. Sie behalten die Köpfe oben. Noha auch dann, als sie auf der Wache von einem Polizisten vergewaltigt wird.

Der marrokanische Regisseur Nabil Ayouch fächert in seinem großartig lebendigen und sensiblen Film das Panorama des Milieus auf, in dem sich die drei unterschiedlichen Charaktere bewegen. Dicht sind wir dabei, vor und hinter den Kulissen: in der Luxusvilla, auf dem pulsierenden Dancefloor, zu Hause, beim Frisör, bei verkorksten Romantikdates mit Boy-Friends, in Nohas ärmlichem Elternhaus und auch dann, wenn die drei schönen Frauen von einem anderen, einem wirklich freien Leben träumen.

Als sie eines Nachts das schwangere Dorftrampel Halima (Sara Elmhadi Elalaoui) kennen lernen, das sich plump auf der Straße anbietet, nehmen sie es großzügig in ihre Gemeinschaft auf. Ein Funken Hoffnung in einer misogynen Gesellschaft, der Regisseur Ayouch und seine grandiosen Schauspielerinnen den Spiegel vorhalten. In Marokko steht der Film auf dem Index, weil er laut Regierungspartei das Ansehen der marokkanischen Frauen beschädigt.

Much Loved, Marokko, Frankreich 2015, 103 Minuten. Buch und Regie: Nabil Ayouch. Mit: Loubna Abidar, Asmaa Lazrak, Halima Karaouane, Sara Elmhamdi Elalaoui, Abdellah Didane. Filmstart 31. März.