Die lächerliche Finsternis

Das Stück von Wolfram Lotz in einer Produktion in den Kammerspielen des Deutschen Theaters, Berlin

zitty-01-2015Ein Boot unterwegs auf einem fiktiven Fluss namens Hindukusch. Hauptfeldwebel Oliver Pellner (Aleander Khuon) und Unteroffizier Stefan Dorsch (Moritz Grove) reisen auf einer schwebenden Plattform, umrandet von weißen Plastikwülsten. Boot oder Wolke? Egal. Sie suchen Oberstleutnant Deutinger, die drei ihrer Kameraden getötet haben soll. Bizarre Begegnungen lenken Pellner und Dorsch von ihren Ängsten ab. Sie lernen den italienischen Blauhelmkommandanten Lodetti kennen, außerdem einen fliegenden Händler, der das eigene Schicksal als Verkaufstrick ausbeutet, den Pastor einer Missionsstation, der sich gegen die Burka ausspricht (alle gespielt von der wunderbaren Kathleen Morgeneyer). Die Verhältnisse werden unklarer, je weiter sie vordringen. Angst vor den Abgründen setzt sich durch. Als der brave Soldat Dorsch im Fruchtfleisch einer Südfrucht vor lauter Heimweh sein Elternhaus samt Einliegerwohnung erkennt, ist es mit der Orientierung endgültig vorbei.

Wolfram Lotz wirbelt in seinem poetischen Kriegsdrama Motive von Joseph Conrads „Herz der Finsternis“ und Coppolas „Apocalypse Now!“ durcheinander, stochert nach den globalen Zusammenhängen heutiger Kriegsschauplätze und spült den Irrwitz aller Moral ans Licht. Heraus kommt ein buntes Kasperletheater voller Schrecken und Absurdität: Bundeswehreinsatz in Afghanistan und Piraterie in Somalia, Überfischung der Ozeane, Rassismus, Prostitution, Kolonialismus. Oberfeldwebel Pellner und Unteroffizier Dorsch stolpern durch die Szenerien, alles andere als souverän und die Schauspieler laufen zu Bestform auf.

Regisseurin Daniela Löffner hält den roten Faden der Reise in der Hand und die Ausstattung (Claudia Kalinski) begleitet sie herrlich verspielt. Großartige Bilder aus dem Inneren der Finsternis sind zu sehen. Die Wildnis da draußen und die Wildnis da drinnen, das ist bald nicht mehr zu unterscheiden. Die ironisch-fragende Haltung des Autors „Ich weiß es ja auch nicht, aber lasst uns drüber reden“ trifft den Nerv des Publikums. Und sie unterhält, wenn auch hier und da eine Spur zu albern. ANNA OPEL